Verhinderung von Kollisionen an den Weichen (Carrera Autorennbahn)

Zum Schutz der Fahrzeuge besteht evtl. der Wunsch die Weichen der Carrera-Bahn mit einem Kollisionsschutz auszustatten. Dieser soll verhindern, dass ein Auto die Spur wechselt, während ein zweites gerade die Weiche in der Zielspur passiert. Zusammenstöße auf Weichen führen neben Schäden an den Fahrzeugen auch dazu dass eins oder beide beteiligten Fahrzeuge aus der Spur befördert werden.

Die digitale Steuerung der Carrera-Bahn ist hier nicht hilfreich, da ihr keine Informationen über den aktuellen Aufenthaltsort der Fahrzeuge vorliegen. Ein Stromsensor an der Weiche verspricht eine einfache Lösung des Problems. Die Grundidee dabei ist ein "Schutzbereich" auf der nicht abbiegenden Spur vor der Weiche. Befindet sich ein Fahrzeug in diesem Schutzbereich wird die Weichensteuerung deaktiviert und ein Auto auf der Nachbarspur kann nicht abbiegen. Ob sich ein Fahrzeug im Schutzbereich befindet wird mit einem Stromsensor ermittelt. Der Sensor wertet den Strom aus, den das Fahrzeug über die Schiene aufnimmt. Dazu muss eine der Schienen im Schutzbereich von der Spannungsversorgung der Bahn getrennt werden. Am einfachsten trennt man die jeweils innere Schiene auf, da diese zur Vermeidung von Kurzschlüssen in der Weiche endet.

Der Stromsensor soll Ströme in einem weiten Bereich detektieren - angefangen von Autos, die ohne Licht auf der Weiche stehen (Ruhestrom), bis zu Fahrzeugen, die über die Weiche fahren (Stromaufnahme des Motors). Desweiteren sollte der Spannungsabfall über dem Sensor möglichst gering sein, um ein fahrendes Auto nicht spürbar zu verlangsamen. Die notwendige nichtlineare Strom-Spannungskennlinie kann mit einer Diode relisiert werden. Je nach Typ liegt die zu erwartende Flussspannung zwischen 0,3V und 0,8V. Beträgt die Spannung mehr als 0,65V kann ein Transistor als Verstärker eingesetzt werden. Bei kleineren Spannungen ist ein Operationsverstärker notwendig. Der Einfachheit halber wurde hier auf die Transistorvariante zurückgegriffen.

Ohne die Software des Weichendekoders zu modifizieren, stehen zur Deaktivierung der Weichensteuerung vier grundsätzliche Möglichkeiten zur Verfügung:

  • Abschalten der Versorgungsspannung des Dekoders
  • Aktivierung des Rücksetzsignals des Mikrokontrollers
  • Abschalten des Magnetantriebes der Weiche
  • Abschalten des optischen Sensors der Weiche

Die ersten beiden Punkte ziehlen darauf ab, den Atmel-Kontroller außer Betrieb zu setzen, während sich ein Fahrzeug im Schutzbereich aufhält. Das heißt aber auch, dass der Weichendekoder bei aktivem Kollisionsschutz keine Informationen von der Schiene lesen kann und nach jedem Abschalten des Kollisionsschutzes neu startet.

Die Idee hinter dem dritten Punkt ist ebenso einfach – ist die Verbindung zum Magnetantrieb unterbrochen lässt sich die Weiche nicht mehr schalten, unabhängig davon, was die Software des Dekoders gerne möchte. Aber der Magnetantrieb der Weiche ist eine induktive Last, an der bei Schaltvorgängen Spannungsspitzen auftreten, die ein Mehrfaches der Betriebsspannung ausmachen können.

Um den vierten Punkt zu verstehen, ist ein Blick auf die Funktion der Weichensteuerung notwendig. Die Weiche schaltet, wenn für ein Fahrzeug der Taster im Handregler gedrückt wird und dieses Fahrzeug gerade die Weiche passiert. Die Stellung des Tasters entnimmt der Weichendekoder dem Digitalsignal auf der Schiene. Das Fahrzeug, das aktuell die Weiche passiert, überfährt einen optischen Sensor, der die Kennung des Fahrzeuges in Form von pulsierendem Licht aufnimmt (s.a. Positionssensoren). Schaltet man den optischen Sensor ab, kann der Dekoder kein Fahrzeug mehr erkennen. Verglichen mit den anderen drei Punkten ist dies die beste Eingriffsmöglichkeit.

Bei allen vier Varianten ist zu beachten, dass der Schalter jeweils in Reihe mit dem zu schaltenden Element angeordnet wird. Das ist wichtig, da der Stromsensor mit der digitalen Fahrspannung ein- und ausgeschaltet wird und so eine zyklische Aktivierung und Deaktivierung der Weichensteuerung möglich wird, die zu Fehlern führen kann. Die Ausschaltzeiten (Low-Pegel des Schienensignals) betragen in Abhängigkeit der übertragenen Daten 50µs bzw. 100µs. In der Pitlane wird die Fahrspannung am Ende jeder Fahrzeuginformation für 150µs auf Low-Pegel gesetzt (s.a. [1]). In der Abbildung 1 sind die Signale an den Stromsensoren in Abhängigkeit der Polarität der Schiene, in der sie eingebaut wurden, zu sehen. Bild 1a zeigt den Sensor jeweils im unbelasteten Fall – es befindet sich also kein Fahrzeug im "Schutzbereich" auf der Nachbarspur. Im Bild 1b ist der belastete Fall dargestellt. Das Bild 1a für den Sensor in der positiven Schiene stellt gleichzeitig das Muster der Fahrspannung dar, das für alle auf dieser Seite aufgeführten Spannungsverläufe genutzt wurde – die Diagramme sind also anhand ihrer Zeitachse vergleichbar.

Sensor in der negativen Schiene Sensor in der positiven Schiene
Abbildung 1:   Spannungsverläufe am Stromsensor der Anti-Kollisions-Schaltung für die Weichen
Stromsensor im unbelasteten Zustand (negative Schiene) Stromsensor im unbelasteten Zustand (positive Schiene)
(a)   Stromsensor im unbelasteten Zustand (kein Auto im "Schutzbereich")
Stromsensor im belasteten Zustand (negative Schiene) Stromsensor im belasteten Zustand (positive Schiene)
(b)   Stromsensor im belasteten Zustand (Auto mit eingeschaltetem Licht im "Schutzbereich")

Wir haben uns entschieden, das Signal des Stromsensors mit einem RC-Tiefpaß zu glätten (Abbildung 2). Auf diesen folgt ein NAND-Gatter mit Schmitt-Trigger-Eingängen (ein Komparator wäre als Alternative für das Logikgatter ebenfalls denkbar). Das Ausgangssignal des Logikgatters wird als Kollisionssensorsignal zur Rückmeldung verwendet und trennt über einen MOSFET den optischen Sensor vom Weichendekoder.

Abbildung 2:   Skizze des Zeitgliedes in der Anti-Kollisions-Schaltung
Zeitglied in der Anti-Kollisionsschaltung

Bei der Aufladung des Kondensators C1 in der Abbildung 2 wirken die beiden Widerstände R1 und R2. Damit ergibt sich die Zeitkonstante τ1 = (R1 + R2) • C1 zu 1,21ms. Wie in Abbildung 3 zu sehen ist, lädt sich C1 in den kurzen Impulspausen der Fahrspannung (50µs) auf 0,25V auf; in den langen Pausen (100µs) auf 0,45V. Die Spannungspegel liegt somit noch deutlich unterhalb der Einschaltschwelle – min. 1,7V – des logischen Gatters V1. Basierend auf diesen Messungen ist bei den 150µs langen Impulspausen mit einer Aufladung des Kondensators auf maximal 0,65V zu rechnen. Der Ausgang von V1 bleibt damit immer auf High-Pegel, wenn sich ein Fahrzeug im "Schutzbereich" befindet.

Bei der Entladung des Kondensators C1 über T1 wirkt nur der Widerstand R2. Die Zeitkonstante τ2 = R2 • C1 beträgt nur 10µs. Nach 50µs (5 τ) besitzt der Kondensator noch etwa 0,7% der anfänglichen Ladung und wird damit auch in den kuzen Impulspausen praktisch vollständig entladen.

Sensor in der negativen Schiene Sensor in der positiven Schiene
Abbildung 3:   Spannungsverläufe am Zeitglied in der Anti-Kollisions-Schaltung für die Weichen bei belastetem Stromsensor
Kollektor des Transistors T1 bei belastetem Stromsensor (negative Schiene) Kollektor des Transistors T1 bei belastetem Stromsensor (positive Schiene)
(a)   Kollektor des Transistors T1
Schmitt-Trigger-Eingang des logischen Gatters bei belastetem Stromsensor (negative Schiene) Schmitt-Trigger-Eingang des logischen Gatters bei belastetem Stromsensor (positive Schiene)
(b)   Schmitt-Trigger-Eingang des logischen Gatters V1

Dokumentation

Verweise

[1] Slotbaer / Carrera Digital 124/132 / CU Daten-Protokoll; Online: http://www.slotbaer.de/index.php/carrera-digital-124-132/9-cu-daten-protokoll